Alle Alleen bis Gagausien (2)
13. Juli 2011 § Hinterlasse einen Kommentar
Und Napoleon hatte wohl doch recht, zumindest mit dieser einen Massnahme: Er soll kreuz und quer durch Europa während seiner Eroberungsfeldzüge Alleen anpflanzen lassen haben, damit seine Truppen im Schatten marschieren könnten. Vermutlich hat er die Halbwertszeit seines Imperiums überschätzt oder jedenfalls wuchsen die Bäume nicht schnell genug. Für uns Radfahrer erweisen sie sich viele Jahre später als Segen, denn nicht nur entschleunigen sie die Fahrweise der Automobilisten, sondern sie bieten auch ein Schattendach, oder würden es bieten, wenn es sie denn überall gäbe.
Den Höhepunkt punkto Alleenmania erreichte und durchfuhr ich nördlich von Jesolo in Norditalien, eine fast ununterbrochene Kette von Linden- und Platanenalleen über 10, 12 Kilometer. Seither eher dürftige Beschattung, und ich muss sagen, dass die intensive Hitze (bis 35 Grad im Schatten) und Sonneneinstrahlung zum Problem geworden sind. Trotzdem habe ich vorgestern die beiden Inseln Cres und Losinj in der Kvarner Bucht längs bewältigt. Das Auf und Ab summierte sich auf ca. 1200 Höhenmeter und 90 km. Mein schlauer Plan war, die erste Fähre um halb sieben zu nehmen und dann möglichst weit zu kommen in der relativen Kühle des Morgens.
Die Ausblicke entschädigten für manche Mühen, und es ist immer wieder erstaunlich, was man auszuhalten imstande ist, wenn die Konzentration auf das Wesentliche klappt (die nächste Hügelkuppe, das Dorf mit dem Cappuccino und frischem Wasser, die Rast vor dem nächsten Autopaket, das die Fähre ausspuckt). Das Schrillen der Zikaden am Strassenrand könnte einen, der nicht in optimaler Geistesverfassung ist, allerdings in den Wahnsinn treiben. Ich versuche das sägende Geräusch als Claque zu verstehen: die spornen mich an, dass ich mich schon bald in einer der smaragdenen Buchten im klaren Wasser aalen kann.
Vorher noch, am Rande des pittoresken, venezianisch anmutenden Städtchens Cres, die neueste Allee in meiner Sammlung. Der Überraschungseffekt hier: ein Junge mit Downsyndrom radelt laut singend den Weg unter den Bäumen entlang. Solch ein Glück!
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